In einer dramatischen Finalserie haben die Oklahoma City Thunder den ersten Meistertitel ihrer Klubgeschichte seit dem Umzug nach Oklahoma City gewonnen. Das Team um Superstar Shai Gilgeous-Alexander rang die Indiana Pacers in sieben Spielen nieder und krönte sich zum Champion.
Mit auf dem Siegerpodest stand Isaiah Hartenstein: Der 27-jährige Center ist als erst zweiter Deutscher nach Dirk Nowitzki NBA-Champion geworden. Für Hartenstein, der 2011 als Jugendlicher Nowitzkis Triumph mit den Dallas Mavericks verfolgte, geht damit ein Lebenstraum in Erfüllung.
Die Finals-Serie zwischen Oklahoma City und Indiana entwickelte sich zu einem Krimi, der erst im Entscheidungsspiel in Oklahoma City seinen Höhepunkt fand. Vor frenetischem Heimpublikum im Paycom Center sicherten sich die Thunder mit 103:91 den entscheidenden vierten Sieg. Thunder-Guard Shai Gilgeous-Alexander führte sein Team mit 29 Punkten und 12 Assists an und wurde als wertvollster Spieler der Finalserie (Finals-MVP) ausgezeichnet. In den entscheidenden Momenten des Spiels 7 übernahm Gilgeous-Alexander Verantwortung und traf wichtige Würfe – damit krönte er sich als erster Spieler der seit Shaquille O’Neal im Jahr 2000 zum Topscorer der regulären Saison, zum MVP und zugleich zum Finals MVP.
Auch Hartenstein leistete in Spiel 7 einen wertvollen Beitrag: Der 2,13 Meter große Deutsche steuerte 7 Punkte, 9 Rebounds und 4 Assists zum Sieg bei. Vor allem in der Verteidigung und im Rebound-Spiel machte sich Hartensteins Präsenz bezahlt. Die Pacers, die bereits früh ihren Starspieler Tyrese Haliburton mit einer Achillessehnen-Verletzung verloren, fanden offensiv kein Mittel mehr gegen die aggressive Team-Defense der Thunder. Für Oklahoma City bedeutet dieser Titelgewinn den ersten NBA-Meisterschaft seit 1979 (damals noch als Seattle SuperSonics) – die Indiana Pacers dagegen müssen weiter auf ihre erste Larry-O’Brien-Trophäe warten.
Für Isaiah Hartenstein hat der Triumph eine besondere historische Bedeutung. 14 Jahre nach Dirk Nowitzki steht erstmals wieder ein Deutscher an der Spitze der NBA. Nowitzki hatte 2011 als bislang einziger Deutscher die Meisterschaft gewonnen; nun zieht Hartenstein mit dem Würzburger Idol gleich.
„Dirk hat so viel für den deutschen Basketball gemacht, und jetzt mit ihm in einem Satz zu sein – das ist schon etwas Besonderes“, sagte Hartenstein ehrfürchtig über den Vergleich mit der Legende im Gespräch mit OpenCourt-Basketballs Aurelia Rieke.
Hartenstein erinnerte daran, wie er als Teenager den Finals-Sieg Nowitzkis am Fernseher verfolgt hatte:
„Ich habe das mit der ganzen Familie und Freunden irgendwo in Quakenbrück geschaut“, berichtete er von 2011.
Damals habe ihm Nowitzkis Erfolg das Selbstvertrauen gegeben, selbst eines Tages den Titel holen zu können. Im Moment des eigenen Triumphs richtete Hartenstein daher auch einen Dank an sein Vorbild:
„Wenn er es schafft, dann kann ich das auch schaffen. Danke, Dirk“
Der Weg zum Titel war für die Thunder zugleich eine Antwort an alle Zweifler. Oklahoma City trat mit einem der jüngsten Kader der Liga an und wurde vor der Saison von vielen Experten zwar als ein Favorit, aber nicht als Topfavorit gehandelt.
„Wir haben die ganze Saison über gehört, wir wären zu jung – vor der Preseason, vor den Play-offs, immer wieder“, so Hartenstein zu Rieke nach dem Finale.
Doch das talentierte Team von Coach Mark Daigneault belehrte die Kritiker eines Besseren: Die Thunder dominierten phasenweise die Liga und holten souverän Platz eins in der Western Conference. In den Play-offs schaltete das junge Team zunächst die Memphis Grizzlies, dann den Titelverteidiger Denver Nuggets und anschließend die Minnesota Timberwolves aus, ehe im Endspiel die Pacers in sieben Spielen bezwungen wurden.
„Jetzt stehen wir hier als Meister. Allen zu zeigen, dass sie Unrecht hatten, ist etwas ganz Besonderes“, so Hartenstein weiter.
Im Verlauf der Finals wuchs Hartensteins Rolle im Team noch einmal an. Gegen die Pacers rückte der 27-Jährige in den letzten Spielen der Serie in die Startaufstellung, wo er mit seiner Physis und Erfahrung wichtige Impulse setzte. Bei der Verlesung der Starting Five im alles entscheidenden Spiel 7 wurde der Name Hartenstein vom heimischen Publikum mit tosendem Applaus begrüßt– ein Gänsehautmoment.
„Als Starter in den Finals aufzulaufen und ‘Germany’ zu hören, wenn mein Name fällt – das ist schon etwas ganz Besonderes“, beschrieb Hartenstein diesen Augenblick nach dem Spiel.
Hartenstein befindet sich mittlerweile im siebten Jahr seiner NBA-Karriere und hat sich ligaweit einen Ruf als verlässlicher Teamplayer erarbeitet. Er wird geschätzt für sein smartes Passspiel, harte Screens für seine Mitspieler und seine Präsenz in der Defensive. Vor der Saison holte Oklahoma City den Center mit einem Dreijahresvertrag über 87 Millionen US-Dollar ins Team.
Trotz seines Erfolgs in den USA betont Hartenstein immer wieder seine Verbundenheit mit Deutschland.
„Viele in Deutschland denken, dass ich mich nicht als Deutscher sehe, aber ich will so viel wie möglich an Deutschland zurückgeben“, stellte Hartenstein klar.
Während der Finals-Serie unterstrich er seinen Stolz auf die Heimat auch modisch: So erschien er etwa vor einem der Spiele im Retro-Trikot von Detlef Schrempf – dem deutschen NBA-Pionier der 1990er – und trug vor Spiel 5 eine Jacke, auf die zahlreiche Logos deutscher Marken aufgenäht waren. Mit solchen Gesten zeigt Hartenstein, dass er seine Wurzeln nicht vergisst.
Hartenstein wurde zwar in Eugene, Oregon, geboren, wuchs jedoch in Deutschland auf und spricht fließend Deutsch. Sein Vater Florian, ein ehemaliger Bundesliga-Profi, prägte ihn früh – er spielte in den 2000ern für die Gießen 46ers und die Artland Dragons und trainierte seinen Sohn in dessen Jugendzeit. Hartenstein selbst fühlt sich dem deutschen Basketball eng verbunden, auch wenn er zuletzt für die Nationalmannschaft pausierte.
„Die ganzen Opfer, dass ich manchmal nicht Nationalmannschaft gespielt habe, um jetzt hier zu sein und wieder einen Titel nach Deutschland zu bringen, das ist schon etwas Besonderes“, erklärte er zu den Prioritäten, die er für den NBA-Erfolg gesetzt hat.
Der Wille, seinem Heimatland etwas zurückzugeben, zeigt sich bei Hartenstein auch abseits des NBA-Parketts. Vor wenigen Monaten ist er als Investor beim Bundesligisten Ratiopharm Ulm eingestiegen. Der Club aus Ulm ist bekannt für seine vorbildliche Jugendarbeit und Talentförderung – ein Aspekt, der Hartenstein bei seiner Entscheidung besonders wichtig war.
„Ich wollte Teil eines deutschen Teams sein, das jungen Spielern hilft, den nächsten Schritt zu machen… Sie leisten großartige Arbeit in der Talententwicklung“, begründete Hartenstein sein Investment.
Mit dem Einstieg bei Ulm erfüllt er sich auch den Traum, in die Vereinsführung im Basketball einzusteigen.
Im Sommer 2025 organisiert Hartenstein zudem in Ulm ein viertägiges Basketball-Camp für Nachwuchsspieler, das iHart-Fest.
„Ich will versuchen, so viel wie möglich in Deutschland zurückzugeben, deswegen mache ich das iHart-Fest. Deswegen habe ich das mit Ulm gemacht“, erläuterte Hartenstein seine Motivation für das Projekt, dessen Erlös wohltätigen Zwecken zu Gute kommen wird.
Zum Abschluss der Finals kündigte der NBA-Champion sogar an, den Meisterpokal mit nach Ulm bringen zu wollen, damit auch die deutschen Fans die Trophäe aus nächster Nähe bewundern können.
Nach dem größten Erfolg seiner bisherigen Karriere richtet Hartenstein den Fokus zunächst auf Regeneration. Auf die Frage, ob er nach dem NBA-Titel nun auch mit der deutschen Nationalmannschaft bei der im September anstehenden Europameisterschaft auf Titeljagd gehen werde, reagierte er zurückhaltend.
„Keine Ahnung, ich will mich erstmal hierauf fokussieren, mein Körper tut weh. Dann werden wir sehen“, sagte Hartenstein, der die Feierlichkeiten in Oklahoma City sichtlich genießen wollte.
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In den vergangenen Jahren hatte er aus Rücksicht auf seine NBA-Laufbahn auf Einsätze im Nationalteam verzichtet – das deutsche Team gewann 2022 EM-Bronze und 2023 sogar WM-Gold ohne ihn. Diese Entscheidung hat für Hartenstein nun Früchte getragen: Als zweiter deutscher NBA-Champion ist sein Platz in den Annalen des deutschen Basketballs sicher.