Wir alle hatten uns im Halbfinale der EuroBasket ein wahres Duell der Giganten gewünscht. Alperen Sengün auf der einen, Giannis Antetokounmpo auf der anderen Seite. Zwei Stars der NBA, zwei Schwergewichte des Basketballs, ein Showdown um den Einzug ins Endspiel. Doch es kam anders…
Sengüns Türken fertigten Griechenland nach allen Regeln der Kunst ab, ohne dass der 23-Jährige überhaupt eine Gala-Vorstellung auf die Bühne in Riga bringen musste. 15 Punkte, zwölf Rebounds und sechs Assists lesen sich am Ende natürlich nicht schlecht, doch auf einer rein individuellen Ebene war es nicht die Monster-Performance, die viele erwartet hatten. Gleiches gilt für den „Greek Freak“, der nur zwölf Pünktchen beisteuerte und phasenweise hilflos dabei zusehen musste wie seine Mannschaft mit 68:94 unterging. Dementsprechend befanden sich Sengün und Antetokounmpo am Freitagabend in gänzlich unterschiedlichen Gefühlswelten. Eines haben der 23-jährige Türke und der 30-jährige Grieche aber gemeinsam: In gut einem Monat beginnt für sie jeweils eine richtungsweisende Saison in der NBA.
Sengün wird versuchen, den Rückenwind einer berauschenden Europameisterschaft in eine weitere erfolgreiche Saison mit den Houston Rockets umzumünzen. Die vergangene Spielzeit war für den jungen Center ein erstes Breakout-Jahr. 19 Punkte, zehn Rebounds und fünf Assists pro Abend brachten ihm seine erste All-Star-Nominierung ein. Die Texaner waren unter Headcoach Ime Udoka einer der großen Überraschungen der Saison, gewannen 52 Spiele und beendeten die Regular Season als Zweiter im Westen. Doch in den Playoffs war nach sieben Spielen gegen die Golden State Warriors in der ersten Runde bereits Endstation. Eine Enttäuschung? Nicht unbedingt, schließlich war die Spielzeit unter dem Strich dennoch ein großer Erfolg für die Rockets. Doch nach einem Blockbuster-Trade im Sommer ist die Erwartungshaltung nun eine andere.
Denn mit Kevin Durant hat ein namhafter Neuzugang seine Zelte in Houston aufgeschlagen. Jalen Green und Dillon Brooks wurden buchstäblich in die Wüste geschickt – genauer gesagt zu den Phoenix Suns. Im Gegenzug soll KD die offensiven Probleme der Raketen lösen und sie auf das nächste Level katapultieren. Gleichzeitig sind deshalb die Anforderungen an Alperen Sengün andere. Kann er in seiner Entwicklung den nächsten Schritt gehen und an der Seite Durants zu einem echten Superstar reifen? Kann er der offensive Dreh- und Angelpunkt eines Contenders sein? Und kann er sich auch defensiv weiter steigern, um Kettenhunden wie Amen Thompson und Tari Eason den Rücken freizuhalten? Auf diese Fragen werden die Rockets in den nächsten Monaten Antworten suchen.
Im Gegenteil zu Sengün muss Giannis Antetokounmpo niemandem mehr etwas beweisen. Zwei MVP-Trophäen, eine DPOY-Statue, jeweils neun All-Star- und All-NBA-Nominierungen sowie die Meisterschaft 2021 inklusive Finals-MVP – der Trophäenschrank des Griechen ist prall gefüllt. Dennoch lässt sich auch Giannis‘ kommende Saison als richtungsweisend bezeichnen. Schließlich haben die Milwaukee Bucks (mal wieder) Himmel und Erde in Bewegung gesetzt, um ihren Superstar von einem Verbleib zu überzeugen. Die Gerüchteküche brodelte im Sommer ordentlich, die Trade-Machines liefen auf Hochtouren. Die Entlassung von Damian Lillard, um Giannis mit Myles Turner stattdessen einen neuen Center an die Seite zu stellen, war mehr als mutig. 22,5 Millionen Dollar über fünf Jahre werden die Bucks nun Lillard bezahlen, um NICHT mehr für sie aufzulaufen. Die Personaldecke im Backcourt sieht einen Monat vor Saisonstart dementsprechend dünn aus. Hat Antetokounmpo das Zeug dazu, dieses Team – in einer zugegebenermaßen schwachen Eastern Conference – zu Erfolgen zu führen und quasi im Alleingang zu einem Contender zu machen? Oder neigt sich sein Kapitel in Milwaukee dann doch dem Ende zu?
Das Duell in Riga hat uns nicht so viel über Alperen Sengün und Giannis Antetokounmpo verraten, wie wir uns das erhofft hatten. Die ersten Monate der neuen NBA-Saison werden das jedoch definitiv tun. Wir dürfen gespannt sein, was uns diese beiden Giganten ab dem 21. Oktober zu bieten haben.
